Frühling
Der Frühling
Wenn aus der Tiefe kommt der Frühling in das Leben,
es wundert sich der Mensch, und neue Worte streben
aus Geistigkeit, die Freude kehret wieder
und festlich machen sich Gesang und Lieder.
Das Leben findet sich aus Harmonie der Zeiten,
dass immerdar den Sinn Natur und Geist geleiten,
und die Vollkommenheit ist Eines in dem Geiste,
so findet vieles sich, und aus Natur das meiste.
Friedrich Hölderlin (1770 - 1843)
Friedrich Hölderlin
Johann Christian Friedrich Hölderlin lebte von 1770 - 1843 als Schriftsteller und Hauslehrer. Er zählt zu den bedeutendsten deutschen Lyrikern. Sein dichterisches Schaffen, das geschichtlich zwischen Klassik und Romantik steht, wurde erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bekannt. Zu seinen Lebzeiten wurde nur ein Bruchteil seines Werkes veröffentlicht.
Hölderlin wurde am 20. März 1770 in Lauffen am Neckar geboren. Zunächst war er für die geistliche Laufbahn bestimmt und besuchte die Klosterschulen in Denkendorf und Maulbronn. Schon in dieser frühen Phase widmete er sich ersten dichterischen Versuchen, die von den Vorbildern Christian Daniel Schubart, Edward Young, Friedrich Gottlieb Klopstock und Friedrich von Schiller geprägt sind. Wie die während des anschließenden Theologiestudiums am Tübinger Stift verfassten Hymnen standen sie auch unter dem Eindruck intensiven Naturerlebens. Ab 1793 war Hölderlin als Hauslehrer für Kinder wohlhabender Familien tätig.
Allmählich mischten sich zudem idealistisch-politische Töne in Hölderlins Dichtung, die das Ereignis der Französischen Revolution und Anregungen seiner Freunde Friedrich Wilhelm Schelling und Georg Wilhelm Friedrich Hegel reflektierten. 1802 kehrte er von einer Tätigkeit in Frankreich - gesundheitlich schwer gezeichnet - nach Nürtingen zu seiner Mutter zurück. Im September 1806 wurde er in das Universitätsklinikum von Tübingen eingeliefert.
Seit dieser Zeit wird die Krankheit des Dichters als Wahnsinn benannt. 1807 wird er zur Pflege in die Hände des Tübinger Tischlers Ernst Zimmers übergeben. Zimmers ist ein Bewunderer Hölderlins und seiner Werke. Hier in Tübingen lebt der Dichter weitere 36 Jahre bis zu seinem Tod am 7. Juni 1843.
Frühling
Wenn auf Gefilden neues Entzücken keimt
und sich die Ansicht wieder verschönt und sich
an Bergen, wo die Bäume grünen,
hellere Lüfte, Gewölke zeigen,
oh! welche Freude haben die Menschen! Froh
gehn an Gestaden Einsame, Ruh' und Lust
und Wonne der Gesundheit blühet,
freundliches Lachen ist auch nicht ferne.
Friedrich Hölderlin (1770 - 1843)
Frühlingsgedanken
Es kommt der neue Tag aus fernen Höhn herunter,
der Morgen der erwacht ist aus den Dämmerungen,
er lacht die Menschheit an, geschmückt und munter,
von Freuden ist die Menschheit sanft durchdrungen.
Ein neues Leben will der Zukunft sich enthüllen,
mit Blüten scheint, dem Zeichen froher Tage,
das große Tal, die Erde sich zu füllen,
entfernt dagegen ist zur Frühlingszeit die Klage.
Friedrich Hölderlin (1770 - 1843)
April
Das ist die Drossel, die da schlägt,
Der Frühling, der mein Herz bewegt;
Ich fühle, die sich hold bezeigen,
Die Geister aus der Erde steigen.
Das Leben fließet wie ein Traum –
Mir ist wie Blume, Blatt und Baum.
Theodor Storm (1817 - 1888)
Die blauen Frühlingsaugen
Die blauen Frühlingsaugen
schaun aus dem Gras hervor;
das sind die lieben Veilchen,
die ich zum Strauß erkor.
Ich pflücke sie und denke,
und die Gedanken all,
die mir im Herzen seufzen,
singt laut die Nachtigall.
Ja, was ich denke, singt sie
lautschmetternd, daß es schallt;
mein zärtliches Geheimnis
weiß schon der ganze Wald.
Heinrich Heine (1797 - 1856)
Kurzporträt Heinrich Heine
Heinrich Heine lebte von 1797 - 1856. Er war einer der größten Dichter der deutschen Literatur. Seine eindringliche, häufig auch witzig-satirische Lyrik erfreut sich bis heute großer Popularität. Heine wurde am 13. Dezember 1797 als Sohn eines jüdischen Tuchhändlers in Düsseldorf geboren. Seine jüdische Herkunft sollte zu einem prägenden Element seines Lebens und Denkens werden, auch die Konfrontation mit dem benachbarten Frankreich unter der napoleonischen Besatzung und die Jugenderfahrung der unerwiderten Liebe finden reichen Niederschlag in seinem literarischen Schaffen.
Jurastudium
1819 bis 1825 studierte Heine in Bonn, Göttingen und Berlin Jura und promovierte zum Doktor der Rechte. Da es Juden damals in Deutschland verboten war, einen juristischen Beruf auszuüben, ließ er sich 1825 protestantisch taufen, ohne jemals später als Jurist tätig zu werden. In Berlin, dem neben Weimar wichtigsten Zentrum des zeitgenössischen kulturellen Lebens in Deutschland, verkehrte Heine in literarisch-künstlerischen Kreisen, vor allem dem berühmten literarischen Salon der Rahel Varnhagen, knüpfte dort Verbindungen zur geistigen und gesellschaftlichen Elite der Stadt und empfing hier entscheidende Anregungen für den Beginn seiner dichterischen und publizistischen Laufbahn.
Tod in Paris
Neben Dichtern der Romantik wie Ludwig Tieck gewann der Geschichts- und Staatsphilosoph G. W. F. Hegel großen Einfluss auf den jungen Heine. 1822 fand ein erster Band Gedichte freundliche Aufnahme beim Publikum. Am 17. Februar 1856 starb Heinrich Heine in Paris. Drei Tage später wurde er auf dem Friedhof Montmartre beerdigt, wo nach dem ausdrücklichen Willen des Dichters 27 Jahre später auch seine Ehefrau Mathilde ihre letzte Ruhe fand. Das im Jahre 1901 fertiggestellte Grabmal ziert eine von dem dänischen Bildhauer Louis Hasselriis stammende Marmorbüste Heines und sein Gedicht "Wo?".
Bücherverbrennung
Das nebenstehende Bild zeigt leere Bücherregale unter den Pflastersteinen eines großen Berliner Platzes: Es handelt sich hier um das Mahnmal zur Erinnerung an die Bücherverbrennung 1933 von Micha Ullman auf dem Bebelplatz in Berlin-Mitte. Am 10. Mai 1933 wurden im Rahmen der Kampagne "Wider den undeutschen Geist", die vom Hauptamt für Presse und Propaganda der Deutschen Studentenschaft vorbereitet war, etwa 20 000 Bücher von 94 Autoren verbrannt. Der aus Rheydt stammende Reichspropagandaminister Joseph Göbbels hielt im Anschluss der Aktion eine Rede, in der er die Autoren insgesamt herabwürdigte und deutlich machte, das deren Werke keinen Platz in der NS-Kunst und Kultur finden würden.
U.a. waren dies Werke von Karl Marx, Friedrich Engels, Kurt Tucholsky, Erich Kästner, Sigmund Freud, Thomas Mann, Heinrich Mann, Erich Maria Remarque und nicht zuletzt auch die Bücher von Heinrich Heine. Etwa 70.000 Menschen nahmen an dieser Aktion teil.
Frühlingslied
Leise zieht durch mein Gemüt
liebliches Geläute.
klinge, kleines Frühlingslied,
kling hinaus ins Weite.
kling hinaus, bis an das Haus,
wo die Blumen sprießen,
wenn du eine Rose schaust,
sag, ich laß sie grüßen.
Heinrich Heine
Frühlingsbotschaft
Ernst ist der Frühling, seine Träume
sind traurig, jede Blume schaut
von Schmerz bewegt, es bebt geheime
Wehmut im Nachtigallenlaut.
Oh lächle nicht, geliebte Schöne,
so freundlich heiter, lächle nicht!
Oh, weine lieber, eine Träne
küß ich so gern dir vom Gesicht.
Heinrich Heine
Neuer Frühling
In dem Walde sprießt und grünt es
fast jungfräulich lustbeklommen;
doch die Sonne lacht herunter:
junger Frühling, sei willkommen!
Nachtigall! auch dich schon hör ich,
wie du flötest seligtrübe,
Schluchzend langgezogne Töne,
und dein Lied ist lauter Liebe!
Es hat die warme Frühlingsnacht
die Blumen hervorgetrieben,
und nimmt mein Herz sich nicht in acht,
so wird es sich wieder verlieben.
Doch welche von den Blumen alln
wird mir das Herz umgarnen?
Es wollen die singenden Nachtigalln
mich vor der Lilje warnen.
Heinrich Heine
Eduard Mörike (1804 - 1875)
Eduard Mörike wurde am 8. September 1804 in Ludwigsburg (Baden-Würtemberg) als siebtes Kind der Eheleute Charlotte (1771 - 1841) und Karl Mörike (1763 - 1817) geboren. Mörike hatte 12 Geschwister und war ein absoluter Familienmensch. Leider verstarb der Vater und alleinige Ernährer der Familie als Eduard 13 Jahre alt war. Er kam bei einem Onkel unter, der ihm den Besuch einer Oberschule ermöglichte.
Mit 18 begann er ein Theologiestudium in Tübingen. Nach 4jährigem Studium beendete er seine Ausbildung mit dem theologischen Abschlußexamen. Es schloss sich eine ca. 8-jährige Vikariatszeit an, in der in ihm der Wunsch entsteht, sich als freier Schriftsteller zu versuchen. Literarisch bekannt wurde er durch seine volksliedhaften Naturgedichte (u. a. Frühling läßt sein blaues Band...), humorvollen Idyllen, Liebeslyrik, Märchen und Novellen. Nach schwerer Krankheit verstirbt er am 4. Juni 1875 in Stuttgart und wird dort auf dem Pragfriedhof beerdigt!
Seine Verehrung von Wolfgang Amadeus Mozart und speziell dessen Werk „Don Giovanni“ veranlaßte Eduard Mörike, als eine Huldigung an das Genie 1855 die Novelle "Mozart auf der Reise nach Prag" zu verfassen. Ein bis heute sehr beachtetes Werk, das auch mehrmals verfilmt worden ist.
Frühlingshügel
Hier lieg ich auf dem Frühlingshügel:
Die Wolke wird mein Flügel,
ein Vogel fliegt mir voraus.
Ach, sag mir, alleinzige Liebe,
wo du bleibst, dass ich bei dir bliebe!
Doch du und die Lüfte, ihr habt kein Haus.
Der Sonnenblume gleich steht mein Gemüte offen,
sehnend, sich dehnend
in Lieben und Hoffen.
Frühling, was bist du gewillt?
Wann werd ich gestillt?
Die Wolke seh ich wandeln und den Fluss,
es dringt der Sonne goldner Kuss
mir tief bis ins Geblüt hinein;
die Augen, wunderbar berauschet,
tun, als schliefen sie ein,
nur noch das Ohr dem Ton der Biene lauschet.
Ich denke dies und denke das,
ich sehne mich, und weiss nicht recht, nach was:
halb ist es Lust, halb ist es Klage;
mein Herz, o sage,
was webst du für Erinnerung
in golden grüner Zweige Dämmerung?
- alte unnennbare Tage!
Eduard Mörike (1804 - 1875)
Frühlingsnacht
Über'n Garten durch die Lüfte
hört' ich Wandervögel ziehn,
das bedeutet Frühlingsdüfte,
unten fängt's schon an zu blühn.
jauchzen möcht' ich, möchte weinen,
ist mir's doch, als könnt's nicht sein!
Alte Wunder wieder scheinen
mit dem Mondesglanz herein.
Und der Mond, die Sterne sagen's,
und in Träumen rauscht's der Hain,
und die Nachtigallen schlagen's:
sie ist Deine, sie ist dein!
Joseph Freiherr von Eichendorff (1788 - 1857)
Frühling
Frühling lässt sein blaues Band
wieder flattern durch die Lüfte;
süße, wohlbekannte Düfte
streifen ahnungsvoll das Land.
Veilchen träumen schon,
wollen balde kommen.
- Horch, von fem ein leiser Harfenton!
Frühling, ja du bist 's!
Dich hab ich vernommen!
Eduard Mörike (Ludwigsburg 1804 - Stuttgart 1875)
Und wenn wir die ganze Welt durchreisen, um das Schöne zu finden: Wir mögen es in uns tragen, sonst finden wir es nicht.
Ralph Waldo Emerin, amerikanischer Philosoph (1803 - 1882)
Quellenverzeichnis:
Das Foto "Grab von Heinrich Heine auf dem Cimetière de Montmartre in Paris - Autor: Aazarus" wird unter den Bedingungen der Creative Commons „Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Unported“ Lizenz veröffentlicht.